VOLVO OCEAN RACE - RÜCKBLICK AUF DEN ERSTEN TRAININGSBLOCK
Es gibt eine Qualifikationsnorm für das Volvo Ocean Race. Das Schiff muss mit 60 % der späteren Crew einem Ritt über 2000 Seemeilen absolvieren. Das haben wir letzte Woche getan und sind offiziell qualifiziert.
Wir legten gegen frühen Nachmittag in Lanzarote ab und begannen bei Nordwind mit einem langen Kreuzschlag hinaus auf den Atlantik Richtung Azoren. Nach drei Tagen wendeten wir mit dem erwarteten Winddreher und segelten landwärts auf das Kap Finisterre, dem nördlichen Zipfel Spaniens, zu. In den nächsten Tagen drehte der Wind auf West, nahm zu und gab uns einen sehr, sehr schnellen Raumschlag durch den Golf von Biscaya bis an die Südwestliche Spitze Englands. Dort angekommen gab es nichts mehr an Bord was trocken war. Bei diesen großen Atlantikwellen und 30 kn Wind bohrt sich das Schiff durch einen nicht abreißenden Wassertunnel. Wenn die mittlere Geschwindigkeit über 20 kn Fahrt liegt, tropft es irgendwann unter Deck auch von den Wänden und alles ist nass und klamm. Sowieso sind aus Shorts und Sonnebrillen auf den Kanaren, mittlerweile Handschuhe und Neoprenkappen geworden. Die vorletzte Nacht durch den Englischen Kanal war richtig kuschelig. Mit starkem Wind von achtern halsten wir etliche Male zwischen Englands Küste und der lebendigen Fahrrinne. Wenn man alle 30 Minuten eine Halse fährt, kann niemand schlafen. Vor jedem Manöver werden Segel, Werkzeug, Ersatzmaterial, Essen usw. auf die neue Luvseite geräumt und vergurtet. Dann Schwert hoch, Schwert runter, Kiel kippen, Groß und Gennaker halsen, Staysails wieder ausrollen, alles final trimmen und weiter rauscht das Schiff. Eine Halse vom Einleiten, Durchführen bis zum Stabilisieren dauert mit acht Mann auf dem 65 Fuss Schiff knapp 10 Minuten.
Am Folgetag segelten wir noch ein ganzes Stück nördlich an Englands Ostküste, bis wir die 2000 Seemeilen voll hatten und mit einer Wende durch die Nordsee unser Ziel IJmuiden in Holland anliefen. Schon ein paar Meilen vor der Küste kamen uns die ersten Schiffe entgegen. Der Empfangskorsos wuchs und im Hafen zelebrierten einige Hundert Holländer die Ankunft ihrer zukünftigen Offshorehelden.
Die sieben Wochen mit dem Team vergingen schnell. Man hat mir viel beigebracht und gerade diese mehrtägigen Trainingsfahrten fühlen sich wie große Peaks in der Lernkurve an.
Viele meiner Vorstellungen um das Rennen sind konkreter geworden. Ganz sicher sehe ich bei weitem nicht alle Anforderungen die sich stellen werden. Aber einige Unterschiede zu meinen bisherigen Wettkampfformaten sind sehr deutlich geworden. Wenn später eine Etappe 20– 25 Tage dauert, wird der Kurs in unassistierbare Seeabschnitte führen und hinaus aus jeder Reichweite normalen Notfallzugriffs und Verantwortung. Dieses Vertrauen in sich und seine Mannschaft muss man erarbeiten und bekommen. Auch wird gerade dieses enge zusammen sein, neue Fähigkeiten proben. Es wird Tage geben, da wird es einem schwach gehen oder man wird krank sein. Man muss lernen sich bei Nässe, Kälte, Schlafmangel und Verausgabung selber um seinen Körper kümmern. Ich muss ein besserer allround- Segler werden, wie die Jungs es sind. Im Prinzip muss jeder jeden ersetzen können.
Es gibt noch viele Gedanken. Jetzt habe ich erst einmal Pause und erhole mich daheim. Mein Teamchef hat mir frei gegeben, um ein Rennen in der Ostsee zu bestreiten. Nächste Woche fliege ich nach Russland und segle mit einem europäischen Team ein Rennen von St. Peterburg nach Warnemünde. Danach werde ich wieder mit Team Brunel zur Kieler Woche reisen, das Schiff präsentieren und einige Regatten segeln. Mitte Juni soll das finale Team bekannt gegeben werden. Bis dahin müssen wir noch geduldig warten.