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VOLVO OCEAN RACE - 2000 MEILEN TRAININGSFAHRT

Nachher zur Mittagszeit legen wir für ein zehntägiges Training Richtung Norden ab. 2000 Meilen und viel Wind von vorne, werden die kommenden Tage zu einer neuen, wahrscheinlich erstmal unbequemen Erfahrung machen.

Nun sind es fast schon fünf Wochen die ich hier bin. Im Prinzip glich ein Tag dem anderen. Morgens Kraftraum, danach ein zweites Frühstück, 11.00 Uhr ablegen, 17.00 Uhr zurück und 19.30 Uhr Abendessen. Abendsessen gibt es immer in einer Bar auf der anderen Seite vom Hafen, wo unsere Teamköchin ab Nachmittag die Küche übernimmt, um Unmengen an Essen zu kochen. In der Bar hängen geschätzte 1000 Bilder von berühmten Offshore Seglern, die die Erde umrundet oder gar ähnlich große Langstreckenregatten gewonnen haben. Legendär!

Unser Skipper Bouwe Bekking ließ mich in den letzten zwei Wochen mehrere Positionen an Bord durchlaufen. Speziell vorne auf dem Schiff, wo die schweren Segel bei voller Fahrt angeschlagen oder geborgen werden, ist das ein kraftraubender Balanceakt. Vor den Jungs auf dem Bug ziehe ich echt den Hut. Das ist ne sau schwere und nasse Arbeit. Und ich halte sie für den gefährlichsten Job, vor allem im Dunkeln.

Ich war danach froh wieder hinten im Cockpit die Segel trimmen zu dürfen. Aber das Rotieren und Lernen anderer Positionen gibt ein notwendiges Verständnis für den Gesamtablauf von Manövern. Es ist wichtig erfassen zu können, wo deine Teammitglieder evt. Unterstützung brauchen, wo sie vielleicht drohen aus der Zeit zu laufen, wenn ein Manöver erst einmal begonnen hat.

Ansonst haben wir die letzten Tage das Schiff komplett lehr geräumt und alles gewogen was dann an Ausrüstung und Essen für eine 2000 Meilen Distanz an Bord geht. Verrückt, was hier für Kompromisse getroffen werden, um ein paar hundert Gram zu sparen. Generell teilt man sich fast alles mit seinen Teamkollegen der die alternierende Wache hat: Schlafsack, Koje, Essenschale usw. Wenn ich nach drei Stunden Schlaf raus muss aus dem Schlafsack, wird er warm übernommen und andersrum.

Ein Tag auf See hat acht Stunden, also passen drei Tage in einen. Man versucht 3x zu Bett zu gehen und isst 3x warm. Eine Schicht sind vier Stunden an Deck, dann vier Stunden off in denen man isst, sich an-/auszieht und schläft. Das hört sich erstmal gar nicht so wenig an, aber dieser Schlaf wird oft unterbrochen, weil Manöver anstehen, in denen jeder an Deck muss. Die Regel ist riesiger Schlafmangel.

Etwas gewöhnungsbedürftig fand ich bei den mehrtägigen Trainingsfahrten, dass man eigentlich ständig nass ist. Klar geht viel Wasser über Bord, aber irgendwie ist man unter der Offshore Kleidung auch ständig nass oder klamm. Man zieht dann das triefende Ölzeug aus und versucht die Funktionswäsche im Schlafsack halbwegs trocken zu schlafen. Wenn zu viel Salz drin ist, geht das nicht mehr. Dann nimmst du deine zweite Garnitur und spühlst die erste mit Süsswasser und hoffst dass sie ohne deinen Körper irgendwo unter Deck trocknet. Klappt aber nicht so richtig...

Hört sich für den ein oder anderen sicher etwas abstrakt an. Ist es auch. Aber ich habe trotzdem riesig schöne Momente hier. Man wird bezahlt für diese Anstrengungen und Entbehrungen.

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